Jeden Morgen von Montag bis Freitag, außer Donnerstag,
arbeite ich von 8.00-12.00 Uhr im Kindergarten den SOS Dorfes. Dorthin kommen
nicht nur 4 Kinder aus dem SOS Dorf sondern auch Kinder aus ganz Tsumeb. Im
Kindergarten gibt es insgesamt 4 Klassen, die blue class, die yellow class, die
die green class und die red class. Eine Klasse ist für die Kinder die nächstes
Jahr in die Schule gehen, eine Klasse für die Babies und die beiden anderen für
die restlichen Kinder. Insgesamt gibt es 4 Teacher (die Kinder nennen alle
Kindergärtnerinnen Teacher, selbst uns) für fast 80 Kinder. Allerdings ist die
eine Lehrerin gleichzeitig auch die Direktorin weshalb ihre Klasse immer bei
der Baby Klasse dabei ist. Jeder Freiwillige ist einer Lehrerin zugeteilt. Ich
bin in der Blue Class bei Teacher Maria. Die Kinder dort sind alle schon etwas
älter als die Kinder in der Baby Klasse. Am Anfang hatten wir große Probleme im
Kindergarten arbeiten zu können, da sie wohl dachten, dass wir ein besonderes
Programm benötigen würden und so sagten sie jeden Tag, dass sie unsere Hilfe
nicht benötigen würden. Nachdem wir allerdings klar gestellt hatten, dass wir
einfach nur dabei sein wollen um den Lehrern zu helfen. Nachdem sie dies verstanden
hatten, wurden wir auch sofort in ihre Arbeit integriert. Jeden Morgen wenn ich um 8 Uhr in die Klasse komme,
sitzen die Kinder brav an ihrem Tisch, mucksmäuschenstill und warten auf mich
und ihre Lehrerin, die meistens noch mit den anderen Lehrern redet. Dann werden
erst einmal Zähne geputzt. Allerdings hat gerade einmal ein bisschen mehr als
die Hälfte aller Kinder eine Zahnbürste im Kindergarten, sodass die anderen
Kinder ihre Zähne nicht putzen können. Nachdem sie die Zähne geputzt haben,
dürfen sie entweder etwas malen oder spielen. Allerdings spielen Mädchen und
Jungen getrennt. Die Jungs spielen mit Autos, die Mädchen mit einer
Puppenküche. Um ca. viertel vor 9 wird aufgeräumt und die Kinder stellen sich
getrennt nach Mädchen und Jungen in zwei Reihen vor der Tür auf. Dann dürfen
erst die Mädchen zur Toilette laufen und dann die Jungs. Dabei wird sehr darauf
geachtet, dass sie nicht rennen und jeder seinen Vordermann festhält. Wenn sie
auf der Toilette waren, stellen sie sich mehr oder weniger in einer Reihe beim
Waschbecken auf und bekommen etwas Seife um ihre Hände zu waschen. Sobald sie
fertig sind, laufen sie zu ihrer Klasse und stellen sich dort wieder getrennt
in 2 Reihen auf. Sobald alle Kinder fertig sind, gehen sie in ihre Klasse und machen
einen Kreis. Dann singen sie ein paar Lieder, hauptsächlich religiöse
Kinderlieder und am Ende beten sie zusammen. Die Lehrerin spricht dabei einen
Satz vor und alle Kinder sprechen ihn nach. Das Gebet ist entweder in Englisch,
Afrikaans oder Damara, der Heimatsprache der Lehrerin. Das ist übrigens die
Sprache mit den Klicklauten und es ist total süß wenn 25 Kinder zusammen die
Klicklaute machen. Nach dem Gebet gibt es meistens eine kurze
Unterrichtseinheit in der sie etwas über z.B. den Frühling oder Bäume oder
Blumen lernen, dann dürfen sie dazu noch etwas malen und um halb 10 gehen sie
dann raus zum Frühstücken. Bevor die meisten Kinder allerdings frühstücken,
gehen sie mit ihren Brotboxen oder Chipstüten zu jedem Teacher, sodass diese
ihr Essen probieren können. Die Lehrerinnen erzählten uns, dass wenn man das
Essen der Kinder nicht probiert, und sei es ein nur noch so kleiner Krümel, die
Kinder zu den Eltern gehen und ihnen sagen ihr Essen sei schlecht, weil die
Lehrerin es nicht probiert hat. Dadurch dass man ständig probieren muss, haben
wir schon die merkwürdigsten Dinge in den Brotboxen der Kinder gesehen. Von
kalten Pommes, die allerdings sehr beliebt sind, über Nudelsalat, Rührei und Pizza war neben dem normalen Brot schon
alles dabei. Sehr beliebt sind auch kleine Chipstüten und extrem süße Säfte.
Nachdem man dann also einmal alles durchprobiert hat, haben wir eigentlich
nichts mehr zu tun, denn nach dem Essen dürfen die Kinder bis sie abgeholt
werden nach Herzenslust spielen, schreien und rumtoben. Die meisten Kinder
werden so gegen 12 Uhr abgeholt, entweder kommt ein Taxi, das ist hier so
üblich und jedes Kind weiß wie sein Taxi aussieht, oder die Eltern oder
Geschwister holen sie ab, dann meistens zu Fuß. Anfangs war ich die ersten Tage
schon etwas schockiert in welchem Ton die Lehrerin mit den Kindern redet und
dass die Kinder nur flüstern, wenn sie malen. Als mich die Lehrerin allerdings
nach ein paar Tagen mit den Kindern alleingelassen hat und ich den Tag mit
ihnen gestalten sollte, war mir auch klar warum. Die Kinder sind größtenteils
sehr schlecht erzogen. Solang die Lehrerin da ist, sind sie still und machen
was ich sage, wenn die Lehrerin allerdings weg ist, werde ich kaum noch ernst
genommen und die Kinder sind extrem laut und wenn sie in einer Reihe stehen
kommt es fast jeden Tag zu kleinen Prügeleien um die Plätze in der Reihe. Egal
ob ich laut werde oder nicht die Kinder ignorieren mich ganz gerne mal und
spielen einfach weiter anstatt aufzuräumen. An manchen Tagen funktioniert es
mehr, an manchen weniger. Daher hatte ich am Ende der ersten Woche im
Kindergarten keine Stimme mehr, weil ich immer so laut mit ihnen reden musste.
Nachdem ich ihnen allerdings angedroht hatte, dass ich nicht mehr komme, hörten
sie schon ein bisschen besser auf mich. Das Problem ist auch, dass sie mich
zwar Teacher nennen, mich aber nicht so behandeln, beziehungsweise anders mit
mir umgehen. Sobald ich in die Klasse komme und Guten morgen sage, stürmen alle
Kinder auf mich zu und rufen „Teacher Lara, Teacher Lara“ und wollen mich am
liebsten alle gleichzeitig umarmen. Das würden sie bei ihrer echten Lehrerin
nie machen. Zudem spiele ich immer mit ihnen mit, wenn sie freie Zeit in der
Klasse haben. Besonders die kleinen Jungs versuchen mich ganz gerne mal zu
provozieren und stören dann die ganze Gruppe, weil sie sich auch einfach
manchmal anfangen zu prügeln. Nachdem der letzte Junge dann allerdings versucht
hat zu stören, wurde er kurzerhand weggesetzt und durfte nicht mit den anderen
zusammen malen, sondern musste ihnen dabei zusehen. Sofort hat man gemerkt wie
die ganze Gruppe leiser wurde. Im Moment übe ich Verse mit ihnen für die
Graduation Party, weil die Schulkinder bald in die Schule kommen. Das ist immer
etwas schwierig, weil die meisten Kinder extrem leise reden. Ich kann jetzt
auch eigentlich alle Namen von Kindern, bis auf einen Namen, denn der hat
leider gleich zwei Klicklaute in seinem Namen. Der Junge fühlt sich leider
weder angesprochen wenn ich den Namen ohne Klicklaute ausspreche, als auch wenn
ich versuche die Klicklaute zu machen. Die Kinder versuchen mir immer wieder
den Namen vorzusprechen, aber ich habe das Gefühl, dass sich die Klicklaute
immer anders hören. Mittlerweile verstehen sie schon wen ich meine, wenn ich
mühsam versuche den Namen auszusprechen und rufen ihn dann für mich. Inzwischen
habe ich aber auch da schon richtige Erfolgserlebnisse wenn ich den Namen ausspreche
und die Kinder mir sagen, dass es genau so richtig war.
Diese Woche hatte ich die Klasse für mich alleine, weil
meine Lehrerin nicht da war. Nachdem die ersten Tage mehr oder weniger gut
funktionierten, kam in der Mitte der Woche eine Lehrerin der anderen Klasse und
meinte zu den Kindern, dass sie auch auf mich hören sollten und leise sein
sollten. Danach verliefen die restlichen Tage der Woche schon wesentlich
einfacher und vor allem etwas leiser, zumindest so lange sie in der Klasse
waren und etwas zu tun hatten.
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